Ungarischer Rechtsanwalt veruntreut Mandantengelder und wird zivilgerichtlich verurteilt zur Rückerstattung

Januar 30 10:42 2012 Print This Article

Das OLG Györ verurteilt ungarischen Rechtsanwalt rechtskräftig zu Schadenersatz gegenüber seiner Mandantin, deren bei ihm hinterlegte Summe von mehreren hunderttausend Euro er veruntreut und offenbar für sich selbst verwendet hat

Der Sachverhalt

Der Fall, der dem Urteil des OLG Györ vom 25.01.2012 zugrundelag, war folgender: Die ungarische Firma, welches sich in 100 %-igem Eigentum eines Unternehmens aus dem deutschsprachigen Raum befindet, wurde seit Jahren rechtlich betreut von einem Rechtsanwalt – nennen wir in X – aus Westungarn. RA X war von dem Geschäftsführer zu dem Unternehmen geholt worden, da er diesen von seinem früheren Unternehmen her kannte, stets zufrieden mit ihm gewesen war und ihm voll vertraute.

Der ungarische Anwalt X regte im Zusammenhang mit der fälligen Erweiterung des Unternehmens und der damit verbundenen Schaffung neuer Arbeitsplätze in einem strukturschwachen Gebiet um Fördermittel des ungarischen Staats aus EU-Fördergeldern zu bewerben. Dazu wolle er sich bei ihm bekannten hochgestellten Persönlichkeiten um Lobby-Arbeit bemühen, wozu aber erforderlich sei, die Ernsthaftigkeit der Investitionsabsicht zu beweisen. Hierzu solle man doch einen Betrag von mehreren hunderttausend Euro bei ihm hinterlegen, damit man beweisen könne, dass es sich hier um ein potentes Unternehmen handele.

Da der Geschäftsführer seinem Rechtsanwalt voll vertraute und der Vorschlag durchaus Sinn zu haben schien, wurden die geforderten Gelder auf einem Hinterlegungskonto des Rechtsanwalts hinterlegt. Schon wenige Tage nach der Einzahlung der hohen Summe begann der Rechtsanwalt X jedoch, die Gelder nach und nach abzuheben und für sich zu verbrauchen, wie sich später aus den polizeilichen Ermittlungen ergab.

Nach einiger Zeit verlangte Rechtsanwalt X neue Gelder, was jedoch verweigert wurde mit der Anweisung zunächst die bereits eingezahlten Beträge zurückzuzahlen, wozu Rechtsanwalt X jedoch nicht mehr imstande war.

Nachdem Rechtsanwalt X nachdrücklichen Forderungen nach Rückzahlung nicht nachgekommen war unter Vortrag ständig neuer Ausreden wurde von dem geschädigten Unternehmen schließlich Strafanzeige erstattet, die örtliche Rechtsanwaltskammer und unser Büro eingeschaltet.

Inzwischen wurde Rechtsanwalt X rechtskräftig aus der Kammer ausgeschlossen, sein – geringes – Eigentum beschlagnahmt, der Zivilprozess in zwei Instanzen und rechtskräftig gewonnen.

Das OLG Györ stellte am Mittwoch in seinem Urteil klar die Schuld des X fest und wies dessen Vortrag, es habe sich hier um “Schmiergelder” gehandelt zurückgewiesen, ebenso wie der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens, welches derzeit in erster Instanz vor dem Landgericht Zalaegerszeg stattfindet.

Obwohl sich X derzeit noch auf freiem Fuß befindet – warum dies so ist, erscheint höchst unverständlich – kann hier mit einer Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe gerechnet werden, zumal X neben unserer Mandantin 7 weitere private oder juristische Personen erheblich geschädigt hat und ihm neben Veruntreuung von Mandantengeldern weitere Delikte wie Urkundenfälschung etc. vorgeworfen werden.

Bis heute ist unbekannt, wofür X die immensen Gelder verwendete. Diesseits erscheint Spielsucht als einzige plausible Erklärung für dieses Verhalten.

Das Problem und dessen mögliche Lösung

Obwohl der Präsident der ungarischen Rechtsanwaltskammer János Bánáti in einem Interview aus dem letzten Jahr davon sprach, dass solche Fälle nur sehr selten aufträten und von zwei Fällen pro Jahr sprach, steht zu vermuten, dass die hier von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen ist. So lagen allein unserem Büro in dem Zeitraum, in dem es in ganz Ungarn nur zwei Fälle gegeben haben soll, schon zwei Fälle – einer davon der oben geschilderte – vor. Es kann also davon ausgegangen werden, dass es tatsächlich wesentlich häufiger vorkommt, dass sich Rechtsanwälte an den Geldern vergreifen, die ihnen von ihren eigenen Mandanten anvertraut werden. Wie kann dem aber vorgebeugt werden?

In unserem Büro ist es eine klare, grundsätzliche Regel, dass die Einnahme von Mandantengeldern grundsätzlich vermieden wird, und die Gelder, die von Gegnern oder aus anderen Quellen eingenommen werden, unmittelbar an die Mandanten auszuzahlen sind. Dies schafft Vertrauen und vermeidet jede Schwierigkeiten, die sich stets ergeben können, falls das in Ungarn rigorose und in dieser Hinsicht völlig hemmungslose Finanzamt etwa die Konten des Rechtsanwalts beschlagnahmt, da ihm der Eingang hoher Summen auffiel und Verdacht erregte, wobei der Verdacht sich dann erst nach jahrelangen Rechtsstreiten als völlig haltlos herausstellt. Auch gibt es häufig genug Schwierigkeiten bei Überweisungen ins Ausland, die immer noch in Ungarn – eigentlich unvorstellbar – bei den Banken auftreten.

Man sollte daher als Mandant darauf achten, dass der Rechtsanwalt ganz entschieden entsprechend angewiesen wird. Zur Absicherung des Honorars des Rechtsanwalts sollte eine begleitende Vereinbarung geschlossen werden, dass bei Auszahlung von Geldern an den Mandanten das Honorar in voller Höher unmittelbar an den Rechtsanwalt ausgezahlt wird. So sind beide Seiten in Sicherheit und der Mandant weiß um diese Sicherheit.

Sind Gelder in höheren Beträgen zu hinterlegen, so ist darauf zu dringen, dass der Hinterlegungsvertrag mit dem Rechtsanwalt und entsprechend der konkrete Vertrag mit der Bank so abgeschlossen wird, dass auch der Rechtsanwalt nur mit schriftlicher Einwilligung des Mandanten – gegebenenfalls im Original – an das Geld herankommt. Geht es um hohe Summen oder sind die Gelder für den Mandanten subjektiv sehr hoch, so ist auch daran zu denken, eine Hinterlegung bei einem Notar seiner Wahl abzuwickeln. Auch an die Hinterlegung bei einem deutschen oder österreichischen Notar ist vorstellbar, sofern sich die andere Seite, der gegenüber die hinterlegte Summe nachzuweisen ist, darauf einlässt.

Die alleinige Zugriffsmöglichkeit des ungarischen Rechtsanwalts sollte vermieden werden.

Ist der Schaden aber passiert, d.h,. hat ein Rechtsanwalt Mandantengelder veruntreut, so ist schnelles Handeln geboten. Hier begegnet der Mandant häufig der Schwierigkeit, dass er keinen Rechtsanwalt am “Tatort” findet, der bereit ist, gegen einen Kollegen vorzugehen. Dies erscheint unverständlich, sollte es doch den ehrlichen Rechtsanwälten darum gehen, dass ihren wenigen, aber für den eigenen Ruf des Berufsstands schädlichen Kollegen schnell und entschieden das Handwerk gelegt wird. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass eine falsch verstandene Kollegialität immer noch weit verbreitet ist in Ungarn. Hier muss der Mandant möglicherweise erst mehrere Kanzleien kontaktieren. Hierbei sollte bereits im ersten Telefongespräch darauf hingewiesen werden, dass es um ein energisches Vorgehen gegen einen Kollegen geht unter Nennung dessen Namen, anderenfalls verliert der Mandant wichtige Zeit, während er auf das erste Gespräch mit dem Anwalt wartet, bei dem er dann mitgeteilt bekommt, dass man gegen Kollegen grundsätzlich, oder aber gegen diesen speziellen Kollegen insbesondere nicht vorgehen werde.

Daher:

– Anweisung an den Rechtsanwalt, Mandantengelder nur bis zur Höhe des Honorars selbst einzunehmen, den überschießenden Betrag unmittelbar an den Mandanten auszahlen.

– Hinterlegungsverträge so abschließen, dass der Rechtsanwalt nicht ohne Zustimmung des Mandanten über die Gelder verfügen kann. Gegebenenfalls ist auf die Hinterlegung bei einem selbst gewählten Notar oder bei einem Notar oder Rechtsanwalt zu Hause zu denken.

– Ist der Verdacht einer Veruntreuung gegeben, so empfiehlt sich schnelles Handeln. Hierbei ist ein Rechtsanwalt zu suchen, der von vorneherein klar macht, dass er dieses Mandat engagiert betreiben wird. Die Problematik und der Name des Rechtsanwalts sollte schon beim ersten Kontakt angesprochen werden, um keine Zeit zu verlieren und so den möglichen Schaden begrenzen zu können.

Es bleibt aber festzuhalten, dass zum Glück ein derartiger Vertrauensbruch kombiniert mit einer immensen kriminellen Energie wie in dem oben dargestellten Fall in Ungarn die krasse Ausnahme ist und dies auch bei der stetigen Zunahme des Konkurrenzkampfes auf dem ungarischen Rechtsberatungsmarkt und der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Land so bleiben wird.

Die Rechtsanwaltskanzlei von Dr. Donat Ebert befindet sich in Budapest und ist spezialisiert auf die Vertretung von Mandanten in grenzüberschreitenden Fällen, insbesondere im Bereich des Erb-, Straf- und Europarechts. Dr. Donat Ebert ist zugelassen sowohl in Deutschland als auch in Ungarn und vertritt seine Klienten vor den Gerichten ohne regionale Beschränkung in beiden Ländern

Kontakt:
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Donat Ebert
Donat Ebert
Corvin tér 6
1011 Budapest
donat.ebert@ebert.hu
00-36-1-787 89 95
http://www.rechtsanwalt-ungarn.de

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