Milliardenmarkt Spedition und Logistik

Januar 23 16:49 2012 Print This Article

Eine Momentaufnahme nach der Krise

Köln, Januar 2012 – Die deutsche Wirtschaft trotzt (noch) der Staatsschulden- und Finanzkrise. Für 2012 rechnet das Institut der Deutschen Wirtschaft http://www.iwkoeln.de in Köln mit 1,25 Prozent Wachstum. Wie es wirklich kommen wird, weiß keiner. Der Blick in die Glaskugel ist mit vielen Fragezeichen behaftet.

Die deutsche Logistikwirtschaft hat von der brummenden Wirtschaft insbesondere in 2010 und 2011 unzweifelhaft profitiert. So lag der Gesamtumsatz des Logistikmarktes in Europa im Jahre 2010 bei 930 Milliarden Euro – darunter Deutschland mit dem größten Anteil und einem Umsatzvolumen von 210 Milliarden Euro, Tendenz wachsend. In 2011 wird der Logistikmarkt in Deutschland auf insgesamt 220 Milliarden Euro geschätzt und selbst für 2012 wird ein Volumen von bis zu 230 Milliarden Euro für möglich gehalten. Die Branche beschäftigt mehr als eine halbe Million Menschen. 60 Prozent der Betriebe verfügen über bis zu 50 Mitarbeiter, nur elf Prozent über mehr als 200 Beschäftigte. Selbst Großunternehmen der Speditionsbranche sind mit ihren Filialsystem dezentral organisiert. Insbesondere die regionalen Produktions- und Verbrauchsstrukturen prägen die Betriebsgrößen der Branche.

Der wirtschaftliche Erfolg der Speditionsbranche zeigt sich an der sinkenden Insolvenzquote. Sie fiel im ersten Halbjahr 2011 um fast 17 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Aus Sicht des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes e.V. (DSLV) http://www.dslv.org ist das Marktpotenzial im Bereich der Kontraktlogistik besonders erfreulich. Ihr Marktvolumen ist in Europa seit 2008 von 370 bis heute auf 381 Milliarden Euro gestiegen. Davon wurde bislang erst ein Viertel, nämlich 95 Milliarden Euro, an Logistikdienstleister vergeben. “Es gibt also noch einiges zu tun für deutsche Speditions- und Logistikfirmen, von denen sich einige unter den Top 10 der weltweit größten Kontraktlogistiker bewegen”, so DSLV-Präsident Mathias Krage auf dem DSLV-Unternehmertag im November 2011 in Dresden.

Infrastruktur ist der Schlüssel zum Wohlstand

Krage wörtlich: “Vor diesem Hintergrund möchte ich wiederholt die hohe Bedeutung herausstreichen, die eine funktionierende Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Deutschland besitzt. Die Hauptproduktionsstandorte unserer Kernbranchen Automobil, Maschinen- und Anlagenbau sowie der chemischen Industrie liegen nach wie vor in Deutschland. Das ist so, weil diese Firmen hier eine Infrastruktur vorfinden, die es so auf der Welt kein zweites Mal gibt. Ich muss hinzufügen: noch. Denn einige der so genannten Schwellenländer sind dabei, in Riesenschritten aufzuholen. Wenn wir also weiterhin für deutsche und internationale Unternehmen als Wirtschaftsstandort attraktiv bleiben wollen, müssen wir uns bewusst machen, dass unsere Infrastruktur der Schlüssel zu unserem Wohlstand ist. Ein wertvolles Pfand, das wir nicht verspielen dürfen.”

Sollten die notwendigen Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserstraßen nicht getätigt werden, könnte Deutschland auf einen massiven Verkehrskollaps zusteuern, warnen Branchenvertreter. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wächst das Transportaufkommen im Straßengüterverkehr bis zum Jahre 2025 um 55 Prozent und in der Verkehrsleistung sogar um 84 Prozent. Was Infrastruktur und Standortpolitik angeht, will es der DSLV nicht nur bei dem Ruf nach dem Staat belassen. Auch als Verband könne man einiges zur Entwicklung der Branche beitragen. Zu nennen sind hier die Aktivitäten des Vereins zur Förderung des Logistikstandortes Deutschland, zu dessen Gründungsmitgliedern der DSLV gehört. Der Verein hat bereits im letzten Jahr gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium die “Logistics Alliance Germany (LAG)” ins Leben gerufen. Zusammen mit vierzehn weiteren Mitgliedern und dem Bundesverkehrsministerium will man jährlich 1,2 Millionen Euro für Marketingzwecke bereitstellen.

Wesentliche Elemente darin sind die Organisation von Messen und Delegationsreisen ins Ausland. Gesamtstrategisch will man sich dabei vor allem auf die USA, Brasilien, die Türkei, China, Japan und Südkorea konzentrieren. Der Fokus wird auf die besonders logistikrelevanten Branchen wie den Maschinenbau, die Fahrzeugproduktion, die Elektrotechnik, die Chemie sowie die Beförderung von Lebensmitteln und Textilprodukten gelegt.

Image der Branche muss verbessert werden

Weitere Aufgaben warten allerdings auch vor der heimischen Tür. Der Engpass beim Fachpersonal hat sich weiter verstärkt – und zwar nicht nur im Fahrerbereich. Betroffen sind alle Berufsbilder in der Logistik. “Die Branche leidet inzwischen sehr unter einem Fachkräftemangel”, bestätigt der Personalexperte Michael Zondler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Centomo http://www.centomo.de in Sindelfingen, im Gespräch mit der Zeitschrift Wirtschaftsbild (Spezial Logistikstandort Deutschland) http://www.wirtschaftsbild.de. “Unternehmen aus der Branche erhielten noch vor ca. zwei Jahren auf eine Stellenanzeige zwischen 100 und 150 Bewerbungen. Egal ob als Disponent, Schichtführer oder Call Center Agent, es gab kaum Unterschiede. Heute berichten uns diese Unternehmen, dass sie zum Teil unter zehn Bewerbungen auf ein Stellenangebot erhalten. Die Anzeigen in Tageszeitungen und Online Jobbörsen bleiben meistens erfolglos. Das Gleiche spielt sich in der unteren und mittleren Management-Ebene ab. Der Vertreter eines namhaften Logistikunternehmens berichtete mir vor kurzem von seiner Suche nach einem Niederlassungsleiter. Die Bewerbungen waren quantitativ und qualitativ so “bescheiden”, dass es größtenteils nicht mal zu Einladungen der Kandidaten gekommen ist.”

Die Folge: Der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter wird härter”, sagt DSLV-Hautpgeschäftsführer Heiner Rogge. Probleme gibt es vor allem bei den Berufskraftfahrern, von denen ein gutes Drittel bereits älter als 50 Jahre ist. Neue Ausbildungsverhältnisse können den Bedarf bei weitem nicht decken. So kamen im Jahre 2010 lediglich etwas über 2.400 Ausbildungsverhältnisse zustande. Im kaufmännischen Bereich sieht es momentan zwar noch besser aus: Die Zahl an neu abgeschlossenen Verträgen ist im Jahre 2010 um knapp 19 Prozent auf etwa 5.200 gestiegen. Allerdings ist die Gesamtzahl der Ausbildungsverhältnisse in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Der Bedarf in den Firmen ist jedoch nach wie vor groß. Derzeit entfallen 64 Prozent der Ausbildungsberufe in der Spedition auf Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung, 18 Prozent auf Fachkräfte für Lagerlogistik und Fachgaleristen, acht Prozent auf Berufskraftfahrer, sieben Prozent auf Bürokaufleute etc. Rund 70 Prozent aller Betriebe im DSLV bilden aus.

“Dieser Bedarf wird dazu führen, dass wir uns schon recht bald über eine Anpassung der Löhne unterhalten müssen, kombiniert mit weiteren Leistungen für unsere Fahrer wie Beiträge zur Gesundheitsvorsorge und zur attraktiveren Gestaltung des Arbeitsplatzes, durch z.B. flexiblere und familienfreundlichere Arbeitszeiten”, erläutert Krage. Und so hängt die Wettbewerbsfähigkeit der Branche von einer guten Infrastruktur, dem Einsatz modernster Technologie und gutem Fachpersonal ab.

Die Branche leide sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr in extremer Art und Weise unter Fahrermangel, ergänzt Personalexperte Zondler: “Im Bereich der Fahrer wird inzwischen sehr stark auf Personal aus den östlichen Ländern wie z.B. Polen zurückgegriffen. Des Weiteren mussten und müssen die Gehälter drastisch erhöht werden. Ein Fahrer ohne jegliche Ausbildung kann inzwischen ca. 2.400 EUR brutto plus Spesen sowie Fahrgeld verdienen.” Das Image des Berufskraftfahrers habe sich in den letzten Jahren aufgrund der “schwierigen” Arbeitszeiten stark verschlechtert. Hier sieht der Centomo-Geschäftsführer für die Zukunft auch keine Verbesserung. Die jetzige und zukünftige Generation an Berufseinsteigern werde sich vermutlich nicht für dieses Berufsbild entscheiden.

Aktuell werden ca. 100.000 Berufskraftfahrer jährlich in Deutschland beschäftigt. 25.000 gehen in Ruhestand oder wechseln die Branche. Dagegen stehen ca. 5.000 bis 8.000 neue Auszubildende etc. “Im Bereich der Fachkräfte bin ich optimistisch, dass sich das wieder entspannen wird. Die Boomphase wird meines Erachtens nicht mehr lange anhalten, so dass hier wieder eine Verbesserung eintreten sollte”, so Zondler abschließend. (Ansgar Lange)

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